Geschichte,  Stadtrundgang

Das Goldene Kreuz

DAS GOLDENE KREUZ.

Fast wähnt man sich in Italien, wenn man über den malerischen Haidplatz mit seinen alten Fassaden und dem Justitia Brunnen schlendert. Im Sommer einen kühlen Prosecco und eine Pasta – der kleine Urlaub für Zwischendurch. In der Vorweihnachtszeit lockt hier normalerweise der Lucrezia Markt mit seinen bunten Ständen und einem noch bunteren Angebot alternativer Produkte. Die Fenster der historischen Gebäude schaffen mit Lichtern diesen besonderen Zauber, der dem Platz auch im Dezember seinen besonderen Flair verleiht.

Wenn man berauscht vom Glühweinduft und den anderen Spezereien dann zu den Zinnen des Hotels “Goldenes Kreuz” hinauf blickt, wissen wohl die wenigsten, was sich in dem ehrwürdigen Hotel schon alles zugetragen hat. Die ehemalige Patrizierburg mit dem imposanten Geschlechterturm, die bereits im 16. Jahrhundert als Gasthof genutzt wurde, war Schauplatz von historischen Ereignissen. Bereits im Mittelalter, um 1250, wurde der Turm des Hauses im Osten und das westlich anschließende viergeschossige Wohnhaus errichtet. Als älteste Besitzer des Ensembles werden die Weltenburger genannt. Es folgten viele bedeutsame Regensburger Familien.

Lucreziamarkt Haidplatz Regensburg
Lucreziamarkt Haidplatz Regensburg

 

Bald schon wurde das Haus zur komfortablen und vermutlich berühmtesten Herberge in deutschen Landen. Denn hier stiegen Kaiser und Könige, Fürsten und Diplomaten ab. 1530 nahm hier Kaiser Ferdinand I auf seiner Krönungsreise nach Aachen Quartier, Kaiser Karl V. logierte sogar dreimal, während der Reichsversammlungen in den Jahren 1532 – 1541, in diesem Haus. Wer genau hinsieht, erkennt, über der Fensterreihe, im ersten Stock, ein Bildnis mit Inschrift in alter Sprache, das noch mehr verrät:

„In disem Haus von alter Art / hat offt geruet nach langer fahrt Herr KAYSER CARL DER FÜNFFT genandt / In aller Welt gar wohl bekannt / der hat auch hie zue gueter stundt Geküsset einer Jungkfraw mundt.

Dieselb die hiess bei fern und nah Man nur die schöne BARBARA / Ihr Stamm war bieder / schlicht und recht PLUMBERGER schrieb sich das Geschlecht / dem bracht des Kaysers lieb viel Leid / doch trost und heyl der Christenhait.

Dann draus erwuchs / dem Vatter gleich der DON JUAN VON OESTERREICH / der bey LEPANTO in der Schlacht / Vernichtet hat der Türckhen Macht. der HERR vergellts Ihm alle Zeit / So yetzt wie auch in Ewigkheit.“
(Der Text stammt von dem Lokalhistoriker Carl Woldemar Neumann.)

Die Rede ist freilich von Karl V., dem Kaiser des heiligen Römischen Reiches im 16. Jahrhundert, der hier beim letzten Aufenthalt seine “Altersliebe” traf. Wer kennt sie nicht, die Liebesgeschichte mit der schönen Regensburgerin Barbara Blomberg, der Tochter des Regensburger Gürtlers aus dem Haus Ecke Kramgasse/Tändlergasse.

Freilich, ob der spätere Held von Lepanto, Don Juan de Austria, dessen Standbild wir heute am Zieroldsplatz, bestaunen können, wirklich hier gezeugt wurde, sei dahin gestellt. Verbrieft ist aber, dass der Kaiser, in dessen Reich, laut Zeitgenossen, die Sonne niemals unterging (es erstreckte sich über mehrere Kontinente, mit Machtbasis in Spanien) hier mehrere auch historische Begegnungen weniger amouröser Art hatte: Im Gewölbe, das aus dem 15. Jahrhundert stammt hat der Kaiser zu Ostern 1541 eine Fußwaschung an zwölf Greisen durchgeführt.

Don Juan D'Austria Regensburg
Don Juan D’Austria

 

Nach der Besetzung Regensburgs im Dreißigjährigen Krieg durch die Schweden im November 1633 nahm ihr Oberbefehlshaber hier nach der Besetzung der Stadt ebenso Quartier, wie später König Ludwig I. von Bayern, zum Beispiel 1842 zur Eröffnungsfeier der Walhalla. 1865 diente das herrschaftliche Gebäude als Tagungsort der damaligen Ministerkonferenz. Damals gaben sich hier unter anderem König Wilhelm I. von Preußen, Otto von Bismarck (dem der beliebte Regensburger Platz oberhalb des Stadt-Theaters auch seither seinen Namen verdankt), Johann von Sachsen und dessen Gemahlin Amalie Auguste von Bayern “die Klinke in die Hand”.  Auch unser Märchenkönig, Ludwig II, weilte im Hause und später sein Onkel, der Prinzregent Luitpold von Bayern und auch Kaiser Wilhelm I. Nicht belegt ist aber die Geschichte, dass auch Sisi, Kaiserin Elisabeth von Österreich, beim Besuch ihrer Schwester Helene, die ehemals von Franzl verschmähte “Nene”, die mittlerweile mit dem Erbprinzen Maximilian Anton von Thurn und Taxis in Regensburg verheiratet war: Die als extravagant bekannte Sisi soll angeblich auf der Dachterrasse des Turms, verhüllt von Bettlaken, die um die Terrasse gespannt wurden, sonnengebadet haben. Aber das ist dann wohl wieder eine andere Geschichte…

Um 1850 sorgte jedenfalls die Köchin Marie Schandri für das Aufblühen des Hauses und zur großen Freude für mehrere Generationen mit ihren hervorragenden Kochkünsten. In ihrem „Regensburger Kochbuch“ – ein Bestseller, den es noch heute in neuer Auflage gibt, verrät sie, was sie den prominenten Regensburger Gästen über vier Jahrzehnte hinweg kredenzt hat. An erlesenen Zutaten und großen Portionen wurde jedenfalls nicht gespart. Ob dies heute zur Sterneköchin reichen würde, sei dahingestellt. In jedem Fall steckt in den Rezepten ein Stück Regensburger Geschichte und gehörte in jeden guten Haushalt.

Doch auch die besten Küchendüfte halfen nichts, mit dem Fortschritt des ausgehenden 19. Jahrhunderts gab es auch in der mittelalterlichen Domstadt einen städtebaulichen Wandel. Als Fortsetzung zum modernen Bahnhof entstand als Prestigeobjekt, die Maximilianstraße, eine wahre Prachtmeile für damalige Zeiten. 1888 gekrönt von einer neuen Edelherberge – dem Hotel Maximilian. Die Blütezeit der einstigen Kaiserherberge am Haidplatz war damit endgültig vorbei, das Goldene Kreuz schloss 1898 seine Pforten.

1968 eröffnete im Erdgeschoss des historischen Gebäudes ein Caféhaus, das sich bei Regensburgern und Touristen gleichermaßen Beliebtheit erfreut. Der Kaisersaal wird heute wieder für festliche Empfänge oder Konzerte genutzt. 2005 wurde wieder ein kleines, feines Hotel im Haus eröffnet, wodurch die fast 500-jährige Geschichte der Kaiserherberge fortlebt. Heute kann sich hier jedermann fürstlich betten und Helden zeugen.

Was Bismarcks Frau mit Begeisterung über Regensburg schrieb und warum ein Münchner Kavalier so über die Nächte im Goldenen Kreuz schwärmte, pikante und interessante Details zur Liaison des Kaisers und zu dessen Auserkorener. Zu den Besitzern des Hauses, im Laufe der Jahrhunderte, und zur ersten Promi-Köchin Regensburgs und vieles Interessante mehr, ist nachzulesen in Rainer Krämers “Regensburg Historie” – eines von rund 30 seiner Bücher über Regensburgs Geschichte und Geschichten.

Das Goldene Kreuz am Haidplatz

 

Interessantes am Rande:
Bei Renovierungsarbeiten wurde 2013 ein schwarzes Holzbrett für 30 Zimmerschlüssel an der Türe zur ehemaligen Hauskapelle gefunden, die nach der Reformation offensichtlich zur Rezeption umgebaut wurde. Ein Relikt für den damaligen Herbergsbetrieb.

Im ersten Stock des Wohntraktes findet sich auch heute noch der sogenannte „Kaisersaal“. Die barocke Stuckdecke mit dem Reichsadler im Mittelfeld, eingerahmt von den vier Elementen, stammt von 1650.

Ebenfalls im ersten Obergeschoss findet sich im Rückgebäude der sogenannte „Kreuzsaal“. Hier, auf den 1865 eigens, von der Besitzern Peters, eingebauten “Schwingenden Tanzboden” fanden im späteren 19. Jahrhundert die legendären „Kreuzbälle“ – eines der wichtigsten gesellschaftlichen Ereignis im Regensburg um die Jahrhundertwende – statt. Daher finden sich hier auch wunderbare Jugendstil Malereien.

Vielen Dank an unsere Autorin Marion Lanzl für diesen Beitrag!

Marion Lanzl ist freie Autorin und liebt es, in ihrer zweiten Heimat Regensburg zu flanieren und sich mit ihren Freunden in einem der wunderbaren Cafés zu treffen. Hier auf RegensburgNow schreibt sie über ihre Lieblingsstadt.
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