Der Haidplatz
DER HAIDPLATZ IN REGENSBURG!
Regensburg hat viele schöne Plätze zu bieten. Einer der Schönsten ist sicher der Haidplatz, mitten in der Altstadt. Unser Gastautor Rainer Krämer erzählt uns hier die Geschichte des Haidplatzes.
Um es gleich am Anfang zu klären: der Name stammt nicht vom „Heiden Craco“, der laut Regensburger Stadtsage dort auf der Weise um Anfang 900 mit dem Regensburger Dollinger um die Stadtherrschaft kämpfte. Warum sollte auch nach einem Verlierer ein Platz benannt werden?
Das blitzend-goldene Kreuz in den Händen des wackeren Hans Dollinger soll den „Hunnen-Hünen“ so geblendet haben, dass er besiegt werden konnte.
Die „Haide“ bezeichnet einfach einen unbebauten Acker, eine Wiese. Und so ein große brache Wiese befand sich noch bis Mitte 900 vor der westlichen unzerstörten Römermauer. Vordem war dieses Areal eine Vorstadt, eine „Canabae“ aus der Römerzeit bis 450 n. Chr. Erst ab 920 wurde begonnen, die westlich vor dem ehemaligen Römerkastell verstreut gelegenen Gebäude bis hin zum Arnulfgraben, d.h. heutigem Weißgerbergraben in die sogenannte 1.Stadterweiterung mit einzubeziehen.
Mit dieser Maßnahme war unter anderem gesichert, dass sich nun nach Westen hin, unter Einbeziehung des nördlichen Donauufers, die künftige prosperierende Handelsgroßstadt ungehindert erweitern konnte. Die ehemalige „Heide“ wurde als großer freier Platz inmitten der nun seitlich entstehenden Wohnburgen belassen, brauchte man doch einen Ort zum Flanieren, Reiten, Streiten, Köpfen, für Marktgeschehen und große sonstige Spektakel. Der Haidplatz wurde zum zentralen neuen Zentrum, nur einen Steinwurf vom Rathauskomplex entfernt.
Logischerweise entstanden nun ringsum prächtige Patrizierburgen und städtische Verwaltungsgebäude. Die Stadtwaage wurde vom Römling dorthin verlegt, die städtische Münze und die Fechtschule waren jetzt ganz in der Nähe. Ebenso die Unterkünfte der Stadtwache wie auch Räumlichkeiten der Gerichtsbarkeit. Im großen Saal der Neuen Waag wurde 1541 mit großem Tam-Tam das berühmte (aber ergebnislose) Religions-Streitgespräch zwischen Johannes Eck (katholisch) und dem Reformator Melanchton (protestantisch) geführt. Nur ein Jahr später erklärte sich Regensburg zum protestantischem Glauben. Außer Spesen nichts gewesen…
Von allen Seiten führten nun Straßen/Gassen von und zum Haidplatz, dessen große Hauptstraße bis zum Rouzan-Burgtor, dem damaligen westlichen Stadttor an der Einmündung zum heutigen Arnulfsplatz führt.
Auf der großen Freifläche tummelten sich hier Fragner (Händler) und Gave-Leute (landfahrende Händler), Gaukler, Musikanten, für leibliches Wohl sorgten die anrainenden Gasthäuser und Weinschenken. Ein nicht nur überaus wohlhabender sondern auch „sozialer“ dortiger Weinwirt war Stefan Notangst, der mit seinem nicht minder wohlhabenden Freund Kastenmayr ein „Bruderhaus“ (Alten-/Siechenhaus) für unverschuldet in Not geratene Handwerker gründete. Auch die Familien der Woller (Waller), Hiltprant, Sittauer, Runtinger, etc., taten gelegentlich Gutes mit ihrem Reichtum. Auch sie besaßen dort Gebäude, ebenso wie die in den angrenzenden Gassen tätigen Handwerker mit ihren Zünften.
Der vom Haidplatz erste Teil der heutigen Roten Hahnengasse, bis hin zur Einmündung Hinter der Grieb, hieß im Hochmittelalter „bei den Flaschen“. Was nicht anderes bedeutet, dass hier die spezielle Zunft der Pfannenschmiede, in diesem Fall der Kupferflaschen-Hersteller, tätig war.
Dominiert wird der Haidplatz von der mächtigen Wohnburg „Goldenes Kreuz“, die aus mehreren Gebäuden zusammengefügt wurde. Nur Kaiser, Könige, wichtige und unwichtige Adelige und Politiker konnten sich es leisten, dort ab 1500 bis Mitte 1800 im damals bekanntesten Nobelhotel Deutschlands mit Restauration zu logieren, und auf dem schwingenden Tanzboden ihre Beine zu schwingen. Das muß auch 1546 dem schon etwas angegrauten Kaiser Karl V. so gut gefallen haben, dass er sich in das Chormädchen Barbara aus des Blomberg‘schen Gürtlermeisters in der Tändlergasse verschaute.
Die Patrizier der Weltenburger, später der Zeller, Thuner und derer Fugger von Reh, bis hin zu den S.M.R. (Senta und Max Rief) Anfang 1950, waren Besitzer dieses großen Gebäudeensembles.
Der sogenannte Justitiabrunnen inmitten des Haidplatzes erinnert immer mahnend an die Rechtsprechung. Die dortige Köpfstatt, an der 1635 durch ein Fehlurteil das Haupt des wackeren General Hans Ulrich von Schaffgotsch fiel, war nur eine von mindesten fünf Richtstätten in der Stadt. Zu Boden viel dort auch der „weltberühmte“ Chirurg, Gaukler und Seiltänzer Charles Bernovin 1763, als er mit Raketen bestückt, auf einem Seil von A nach B sausen wollte. Nur dass es diesmal eben schief ging.
Mehr Erfolg hatte ab 1750 die einflussreiche Dynastie derer von Dittmer, hervorgegangen aus einem kleinen Bankhaus, dessen würdigster Vertreter es bis zum Regensburger Bürgermeister und bayerischen Innenminister brachte. Sein Thon-Dittmer-Palais, ebenfalls ursprünglich aus zwei oder drei Gebäuden zusammengesetzt, verschönerte Anfang 1800 der uns Regensburger bekannte d’Herigoyen, Hofarchtiekt in Dalbergs Diensten. Besonders sehenswert ist der dortige mit Arkaden umsäumte eindrucksvolle Innenhof, der auch für Aufführungen und Festlichkeiten genützt wird.
1654 führte Otto von Guericke (Erfinder der Luftpumpe), unter großem Staunen und Beifall seine Vacuumkugeln (Magdeburger Halbkugeln) während des Aufenthaltes des Kaisers beim Immerwährenden Reichstag vor. Klappern gehört schon damals zum Handwerk.
Wußtet Ihr, dass die Werkstatt des „Schwertfeger“ (Messerschmied) Keil, ursprünglich am Römling, bereits schon seit 1806 dort tätig ist? Und um Anfang 1900 konnten sie die Regensburger am „Neuen Kornmarkt“, so die Bezeichnung des Haiplatzes vor gut 100 Jahren, noch Heu und Stroh kaufen, um damit ihre Schlafmatratzen zu füllen…
Vor der Grieb, Hinter der Grieb, heißen bekanntlich die engen Gässchen, die zu den ehemaligen Gruben/Hüllingen des Vitusbaches führen. Wobei „Hinter“ sprachlich von „Inter“ abgeleitet wurde, was so viel wie „bei“ bedeutet.
Flaniert mal wieder offenen Auges über der Haidplatz, sucht Euch ein sonniges Plätzchen, z.B. „inter aurem crucem“ (beim Goldenen Kreuz), werft einen Blick auf den Justitiabrunnen und auf die Neue Waag. Vielleicht findet Ihr auch die kleine Maus an der Neuen Waag beim Musikhaus Witt. Es soll Glück bringen, wenn man sie streichelt…
Noch mehr über den Haidplatz und seine Besonderheiten erfahrt Ihr hier:
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Ein Gastartikel von Rainer Krämer. Rainer Krämers Bücher, wie zum Beispiel
1400 Regensburger Straßennamen (Softcover / 34,50 € )
Regensburg Historie 100-1700 Band 1 (Softcover / 29,50 €)
Regensburg Historie 1800-2000 Band 2 (Softcover / 29,50 €)
oder Das große Regensburger Historien-Quiz (Softcover / 19,50 €)
sind im Buchhandel erhältlich.
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